Wie der rbv den Weg für seine Mitgliedsunternehmen zur Fachkräftegewinnung bereitet
Neue Wege, innovative Maßnahmen und eine langfristigeStrategie
Wie begegnet man demFachkräftemangel? Kann ein Verband den Weg so vorbereiten, dass Mitgliedsunternehmen mehr Bewerbungen auf dem Tisch haben? DerRohrleitungsbauverband e. V. (rbv), Köln, setzt neben der Weiterqualifizierungauf ein nachhaltiges Konzept zur Gewinnung junger Menschen für den Leitungsbau.#pipeline31 heißt die Initiative im Dialogformat. Nach zwei Jahren zieht derVerband eine erste positive Bilanz.
Befragt man die Baubranche zum Thema Fachkräfte, so wie es der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie e. V. (HDB) regelmäßig macht, dann sind die Zahlen erschreckend: 72% der befragtenPersonen beurteilen aktuell den Fachkräftemangel als Risiko[1]. Und geht man ins Detail und sieht sich die Zahlen der jungen Absolventen im Leitungsbau an, dann kann man die Risikobeurteilung durchaus nachvollziehen: So ist die Anzahl der unbesetzten Ausbildungsplätze sowohl für denRohrleitungsbauer, den Kanalbauer als auch für den Tiefbaufacharbeiter in den letzten zehn Jahren bis 2021[2] kontinuierlich gestiegen – Fachkräfte, die aktuell und in den kommenden Jahren fehlen. Auf der anderen Seite ist der Leitungsbau mit seinen Leistungen unverzichtbar, um die Herausforderungen vor denen wir als Gesellschaft stehen, zulösen. Energie- und Wärmewende, Digitalisierung, Nord-Süd-Gefälle in der regenerativen Energieerzeugung – für all diese Projekte brauchen wir qualifizierte Fachkräfte, die die leitungsgebundene Infrastruktur bauen, transformieren und reparieren.
Die Möglichkeiten der Fachkräftegewinnung sind begrenzt
Im Jahr 2025 wird es nach Angaben der Bundesregierung rund 6,5 Millionen Arbeitskräfte weniger geben. Bei gleichbleibendem Arbeitskräftebedarf wird sich aufgrund der rückläufigen Schulabgängerzahlen dieSituation zusätzlich verschärfen. Erschwerend kommt die teilweise geringe Ausbildungsbereitschaft seitens der Schulabgänger hinzu. In allen Wirtschaftszweigen wird der Kampf um gute Fachkräfte in den nächsten Jahren weiter zunehmen. Woher also die Fachkräfte nehmen, welche Konzepte gibt es hierfür eine kurz- und langzeitige Gewinnung? Fragen, mit denen sich der Ausschuss für Personalentwicklung des rbv seit langem beschäftigt.
Eine Möglichkeit, die kurzfristig helfen könnte, ist die Gewinnung von ausländischen Fachkräften. Mit dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz hat die Bundesregierung zwar zum 01.03.2020 neue Rahmenbedingungen geschaffen, die es ausländischen Fachkräften erleichtern, ihren Weg nach Deutschland einzuschlagen, aber dies gilt nur, wenn die Arbeitskräfte eine für Deutschlandvergleichbare Qualifikation vorweisen können. Und genau darin liegt die Schwierigkeit, denn nach wie vor ist das Fachkräfteeinwanderungsgesetz noch sehr bürokratisch, die Qualifikationen müssen vorwiegend formell vorhanden sein. Maßnahmen, die Erleichterung schaffen könnten wie die Chancenkarte, sind erst ab Frühjahr 2024 geplant. Und eine weitere Hürde gilt es zu überwinden: den Wohlfühlfaktor. Hier verliert Deutschland, laut einer aktuellen Studie der OECD in Zusammenarbeit mit der Bertelsmann Stiftung, im internationalen Vergleich leider deutlich an Attraktivität. Umstände, die eine Gewinnung ausländischerArbeitskräfte als Problemlösung gegen den aktuellen Fachkräftemangel nicht einfacher machen.
#pipeline31 – ein Projekt, das Weitsicht erfordert
Vorstand und Ausschuss für Personalentwicklung des rbv setzen daher, neben der Weiterqualifizierung vorhandener Fachkräfte und von Quereinsteigern aus anderen handwerklichen Branchen, auf die Gewinnung und Förderung des Nachwuchses. „Für eine erfolgreiche Auflösung des Fachkräftemangels sind junge Menschen und eine qualifizierte Ausbildung der Schlüssel“, so Mario Jahn, Bereichsleiter Bildung im rbv. „Der Rohrleitungsbauverband hat es sich somit zum Ziel gesetzt, mit einer 360°-Kommunikationsoffensive junge Menschen zu erreichen und ihnen die Branche, die sinnstiftende Tätigkeit und ihre Zukunftsaussichten im Leitungsbau näherzubringen.” #pipeline31 heißt die bereits 2021 gestartete Initiative und unterstreicht schon im Namen die Absicht, die Branche bis 2031 auf ein solides Fundament in Sachen Fachkräfte und Auszubildende zu stellen.
Eine Strategie ist das A und O für ein nachhaltigesErgebnis
Wer ist meine Zielgruppe, wo hält sie sich medial gesehen auf und was muss ich bei der Ansprache beachten? Das waren die wichtigsten Fragen, die sich der rbv bei der Konzeption gestellt hat. Um passende Leute für einen Berufsweg im Leitungsbau zu begeistern und im Idealfall den Mitgliedsunternehmen zuzuführen, hat der Verband ein Konzept entwickelt, das aus aufeinander aufbauenden Stufen sowie Rückkopplungseffekten besteht und sich Strategien aus Kommunikation und Marketing bedient.
Primäre Zielgruppe ist die Generation Z, also all diejenigen, die sich aktuell beruflich orientieren oder ihre erste Ausbildung angefangen haben, sich aber umorientieren wollen. Ihre Aufmerksamkeit soll auf den Leitungsbau gelenkt werden. Sekundäre Zielgruppe ist das Umfeld der Jugendlichen, denn gerade bei der Entscheidungsfindung und in der Sondierungsphase spielt das soziale Umfeld Jugendlicher, bestehend aus Eltern, Freunden und Lehrkräften, eine besondere Rolle.
Soziale Medien haben in den letzten Jahren bei der Kommunikation erheblich an Bedeutung gewonnen. Rund 85,1% der gesamtendeutschen Bevölkerung nutzen Social-Media-Kanäle[3]. TikTok zieht wie kaum ein anderes Netzwerk besonders die junge GenerationZ in seinen Bann: Der Löwenanteil entfällt dabei laut einer Befragung von Statista auf 16- bis 19-Jährige, nämlich ganze 73%. Und auch bei der Verweildauer ist TikTok mit 95 Minuten pro Tag der Spitzenreiter unter den Social-Media-Plattformen – weltweit. Der rbv hat sich daher sehr bewusst neben YouTube und Instagram auch für diese Plattform entschieden. Bestehend aus vielen kleinenVideoschnipseln, kann TikTok zwar keine tiefgreifenden und weitreichenden Informationen und Hintergrundwissen vermitteln, aber der ausgespielte Content weckt Interesse. Und das funktioniert. So sind die Videos bereits nach weniger als zwei Monaten über zweieinhalb Millionen Mal angeschaut worden und fast 3.000 Menschen folgen aktiv dem #pipeline31-Kanal. Informative Fakten gepaart mit Entertainment und einer jugendgerechten Optik – das ist die Grundlage fürden konstanten Dialog mit der jungen Zielgruppe. Mit viel Witz und nicht immer bierernsten Inhalten führen die drei aus den Reihen der rbv-Mitgliedsunternehmen gecasteten Leitungsbau-Presenter Dominique, Robin und Finn durch ihren Alltag im Leitungsbau.
Hinaus aus dem Verband – hinein ins Unternehmen
Aber Infotainment ist nicht alles; Fakten und dieunkomplizierte Möglichkeit, mit potenziellen Arbeitgebern in Kontakt zu kommen,sind der zweite Teil des Dialoges. So kommuniziert der Verband Fakten zum Thema Ausbildung, Arbeitsalltag und Insights rund um den Leitungsbau auf der Website www.pipeline31.de. Die Seite animiert durch eine emotionale Ansprache und eine übersichtliche Optik, tiefer in das Thema Leitungsbau einzusteigen und macht dadurch den Leitungsbau sichtbar.
Die Website hat auch eine direkte Verknüpfung zum Berufsweltenportal, sodass Jugendliche über die Seite ihren Weg zu ausbildenden Leitungsbaufirmen in ihrer Region und die Unternehmen finden können. Mitgliedsunternehmen haben zusätzlich die Möglichkeit die Inhalte der Initiative für ihre eigene Kommunikation in Richtung Schulabgänger zu nutzen.
„Indem wir ausgetretene Pfade verlassen haben, Neues gewagtund auch einmal Bedenken weggewischt haben – wie zum Beispiel zum Thema TikTok – haben wir es geschafft, den ersten großen Schritt in Richtung Sichtbarkeit zugehen. Wir sehen die Wachstumsraten des TikTok-Kanals und was uns besonders freut, die Interaktionen auf unseren Social-Media-Kanälen. Wir sind mittendrin in unserer Zielgruppe und können so das Interesse am Leitungsbau verstärken“, so rbv-Präsident Dr. Ralph Donath. Die Antwort auf die eingangs gestellte Frage nach der Machbarkeit der Wegebnung, ist also klar mit `Ja` zu beantworten. Ein Verband kann den Weg zur Fachkräftesicherung für seine Mitglieder (vor-)bereiten, aber am Ende liegt es dann doch an den Unternehmen selbst, den Weg zu beschreiten, die vorbereiteten Dinge für sich zu nutzen und mit eigenem Ideenreichtum zu kombinieren.
[1] https://www.bauindustrie.de/zahlen-fakten/bauwirtschaft-im-zahlenbild/fachkraeftemangel-und-rohstoffpreise; abgerufen 16.8.2023
[2] rbv Jahresbericht 2022; S.53
[3] Meltwater Digital Report 2023
Meilensteine
2021
Start der Zusammenarbeit mit tomatolix
„Das unsichtbare Netz imUntergrund – 1 Tag als Rohrleitungsbauer“ (https://youtu.be/cYnRP3Hu-YA)
2022
BR-Reportage „Lohntsich das“ (https://youtu.be/3UsIHxiSP7s)
Aufruf an dieMitgliedsunternehmen: Bewerbung zum TikTok-Presenter
(BewerbungsphaseAugst bis Oktober)
Erstellungeiner Web-Präsenz für die Initiative #pipeline31 (www.pipeline31.de)
Zweite tomatolix-YouTube-Reportage„Wege aus der Gaskrise – 1 Tag beim Pipelinebau“,
(https://youtu.be/Te84mLUnZEk)
#pipeline31-talk Folge 1 (Thema:Wege aus der Energiekrise, Interviewpartner: rbv-HauptgeschäftsführerDipl.-Wirtsch.-Ing. Dieter Hesselmann) (https://youtu.be/R84duC2lUSE)
2023
Auswahl und Bekanntgabe derTikTok-Presenter
#pipeline31-talk Folge 2 (Thema:Mit der richtigen Mischung zur Energie- und Wärmewende, Interviewpartner:rbv-Präsident Dr. Ralph Donath)
(https://youtu.be/7wEbGstsQN0)
#pipeline31-talk Folge 3 (Thema: Fachkräftefür den Leitungsbau, Interviewpartner: rbv-Bildungsexperte Dipl.-Ing. MarioJahn)
(www.youtube.com/watch?v=nMyi4q2re_Y)
Workshop der Presenter mit derSocial-Media-Agentur zur Entwicklung eines Ideenpools
Shortlist-Platzierung von #pipeline31 als„Beste Nachwuchsinitiative“ beim MediaV-Award
Start des TikTokKanals
Umbenennung und Restart des InstagramAccounts (https://www.instagram.com/pipeline.31/)
Relaunch der Internetseite www.pipeline31.de